Zur Geschichte des Wohnhauses des fürstlichen Baumeisters Stengel in der Wilhelm-Heinrich-Straße

Was historische Quellen aus dem Stadtarchiv beweisen können

Um das Wohnhaus des fürstlichen Baumeisters Friedrich Joachim Stengel zu lokalisieren, bedarf es historischer Originalquellen, obwohl sich in der heimatkundlichen Literatur hierzu durchaus Hinweise finden.

Haus Wilhelm-Heinrich-Straße 9, 2024 - Ruth Bauer

Haus Wilhelm-Heinrich-Straße 9, 2024 - Ruth Bauer

Haus Wilhelm-Heinrich-Straße 9, 2024 - Ruth Bauer

Von Stengels ursprünglichem Wohnhaus ist heute nichts mehr erhalten, außer vielleicht ein paar Mauersteinen. Seinen letztendlichen Todesstoß erhielt es, als die Stadt Saarbrücken im Jahr 1955 dem Landes- sowie dem Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes die Grundstücke in der Wilhelm-Heinrich-Straße Nr. 7-11 überließ und für deren Zwecke das heutige langgestreckte Gebäude entstand.

Stengel hatte sich seinerzeit sein privates Refugium standesgemäß in der Neugasse, der noblen Saarbrücker Prachtstraße, errichtet und wohnte hier wohl seit 1747/48 Tür an Tür mit der feinen Saarbrücker Bürgerschaft, ebenso wie den Maitressen seiner Arbeitgeber, der Fürsten Wilhelm-Heinrich und Ludwig von Nasssau-Saarbrücken.

Stengels Wohnhaus befand sich an der Stelle des Hauses der heutigen Wilhelm-Heinrich-Straße Nr. 9. (Das Refugium der Maitresse Ludwigs, Katharina Kest, befand sich direkt gegenüber in Haus Nr. 6 und die Maitresse Wilhelm Heinrichs, die „Perlerin“, wie sie genannt wurde, bewohnte das heutige Haus Nr. 17.)

Welches Gebäude Stengel sein Eigen nennen konnte, das belegt wiederum der im Stadtarchiv gesicherte Saarbrücker Tractus des Jahres 1780/81. Er weist unter der Nummer 255 „Baurath Stengel“ als Eigentümer des dortigen Anwesens aus. Vierzig Jahre später, als der „renovierte Tractus“ erstellt wurde, gehörte diese Parzelle mit ihren Gebäuden Carl Lauckhard und trug jetzt die Nummer 292.

Eine Ahnung vom ursprünglichen Erscheinungsbild des Stengelschen Wohnhauses geben die Nachkriegsfotos des Liegenschaftsamtes vom 20. Juni 1948 und 26. März 1953, die das beim Bombenangriff vom 5. Oktober 1944 bis auf die Fassade zerstörte Gebäude zeigen.  Diese scheint im Lauf der vergangenen zwei Jahrhunderte recht wenige Veränderungen erfahren zu haben.

Das ist in Hinblick auf die Tatsache der Umgestaltungen an den Gebäuden der gegenüberliegenden Straßenseite recht verwunderlich, bedenkt man zudem, dass auf diesem Anwesen — wie den benachbarten — in seinen rückwärtigen Teilen ab 1876 von dem Kaufmann Julius Müller eine Tabakfabrik errichtet wurde und seit 1896 hier die Saarbrücker Elektrizitätswerke mit Kessel- und Maschinenhaus, Elektrischer Zentrale und allem, was dazu gehörte, beheimatet waren.

Diese Industriebetriebe befanden sich, am Rande bemerkt, in unmittelbarer Nähe zu dem neuen Saarbrücker Stadtzentrum, dem Neumarkt, mit Markthalle und Saalbau. Genutzt wurde hierbei gleichfalls das Gelände des ehemaligen großen Marstalls, der späteren Dragonerkaserne.

Fast alle Grundstücke auf dieser Seite der Wilhelm-Heinrich-Straße waren mittlerweile im Besitz der Stadt Saarbrücken.

So überdauerte Stengels Wohnhaus, dessen Bedeutung man sich all die Jahre hinweg bewusst war, was eine angebrachte Gedenktafel erkennen lässt, rund 200 Jahre, eh es dann in besagter Bombennacht zerstört wurde.

1950 reichte die Architektenkammer des Saarlandes Wiederaufbaupläne für das „Stengelhaus“ beim Bauamt ein. Sie hegte wohl zunächst die Hoffnung, hier einziehen zu können. Jedoch entschied die Stadt Saarbrücken als Eigentümerin, das Grundstück zusammen mit den beiden benachbarten an das Rote Kreuz zu veräußern.

Dies bedeutete das Ende des Stengelschen Wohnhauses.