Zoogeschichten aus dem Stadtarchiv (Teil 1)
Happy Birthday Saarbrücker Zoo!
90 Jahre wird er, exakt am 24. März 2022, unser Saarbrücker Zoo. Ein Geburtstag, zu dem sich auch das Stadtarchiv in die Reihe der zahlreichen Gratulanten einreihen möchte.
Gerade solch besondere Ehrenfeste sind Anlass, einmal zurück zu schauen und den Lebenslauf des Jubilars ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. So sind wir - das Stadtarchiv – immerhin das Gedächtnis unserer Landeshauptstadt - hinab gestiegen in die „heiligen Hallen“ unserer Magazinräume und haben recherchiert, was sich in unseren Beständen so zu ihm finden lässt, zu unserem Saarbrücker Zoo: So bewahren wir beispielsweise die Personalakte seines Vaters auf sowie dessen Bericht – aus Anlass des 50. Geburtstages der Mutter im Jahr 1959 verfasst - über seine ersten, teilweise sehr freudigen aber ebenso drückenden Lebensjahre.
Zudem hat der heutige Eigenbetrieb „Zoologischer Garten Saarbrücken“ dem Stadtarchiv im Jahr 2006 recht umfangreiche Akten übergeben, unter anderem ein Album mit zahlreichen Zeitungsausschnitten seiner Kindertage, eine wahrlich sprudelnde „Quelle“.
Neben der in dieser und anderen Ablieferungen enthaltenen allgemeinen aus „städtischer Feder“ stammenden Quellen zu diversen Zooangelegenheiten hat uns sein „Stiefvater“ Dr. Karl Heinz Winkelsträter im Jahr 2004 seinen „Nachlass“ anvertraut.
Wenn man all diese recht umfangreichen Bestände mit ihren Schriftstücken, Plänen, Fotos, Filmen und Zeitungsberichten auswertet, erhält man ein anschauliches Bild seines sehr bewegten Lebens, auch wenn unser Gedächtnis durchaus Lücken aufweist.
Und leider mussten wir schmerzlich erkennen, dass wir das Unterfangen „Zoogeschichte/n“ dann doch nur stichprobenartig durchführen und Ihnen hier nur ausgewählte Kindheits- und Jugend- „Zoo-Plaudereien“ darbieten können.
Von der Eröffnung bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg
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Ein freudiges Ereignis in schweren Zeiten. Der erste Tierpark in Saarbrücken wird im Deutschmühlental eröffnet
Das Licht der Welt erblickte unser Geburtstagskind, der Saarbrücker Zoo, als „Tiergarten für exotische Tiere“ am 24. März 1932, einem sonnig warmen Gründonnerstag.
Der Vater: Gustav Moog, die Mutter: die Großstadt Saarbrücken. Seine Wiege stand im Deutschmühlental.
Dort wo heute der Deutsch-Französische Garten zahlreiche Besucher anzieht, hatte Gustav Moog im Jahr 1932 den ersten Saarbrücker Tierpark gegründet, im damaligen Deutschmühlental, exakt auf dem Gelände der jetzigen Gulliver Welt.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Stadtväter um den Deutschmühlenweiher herum ein bei der Bevölkerung äußerst beliebtes Naherholungszentrum mit einer parkähnlichen Gartenanlage rund um den Deutschmühlenweiher angelegt.
Der Weiher diente, heute kaum mehr vorstellbar, einer äußerst einträglichen Fischzucht und im Winter lief man auf seiner zugefrorenen Eisfläche Schlittschuh. Große Eisfeste fanden hier statt, zu denen die Straßenbahn eigens Sonderzüge einsetzte.
1931 wurde der Deutschmühlenpark sogar als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Und als Gustav Moog dann Ostern 1932 hier seinen kleinen Privatzoo errichtete, besaß Saarbrücken wahrlich eine Sensation. Im Umkreis von 250 Kilometern gab es keine vergleichbare Attraktion. Die Stadt Saarbrücken schmückte sich gerne mit ihm, zog er doch viele Besucher in die Metropole.
Der Zoobesuch bot eine aufmunternde und zudem lehrreiche Abwechslung im seit der Börsenkrise 1929 schwierigen Alltag mit hoher Arbeitslosigkeit und ein Vergnügen, das die Saarbrücker Bevölkerung sich in diesen wirtschaftlich drückenden Zeiten leisten konnte. Schon über die Osterfeiertage soll er 20.000 Besuchern angelockt haben, am 10. Juli bereits konnte der 100.000 Besucher, ein dreijähriges Mädchen, begrüßt werden!
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Zunächst Vertrag mit Gustav Moog über sechs Monate
Im Februar 1932 erst war Gustav Moog an den Verkehrsverein der Stadt Saarbrücken herangetreten, mit dem Ansinnen hier einen „Tierpark für exotische Tiere“ anzulegen.
Ähnliche Einrichtungen hatte er zuvor in Landau, Mannheim und in Karlsruhe aufgebaut, gegründet oder geleitet. Seine Leidenschaft galt wohl von Jugend an der Natur und den Tieren, er studierte nach eigenen Aussagen vier Semester Zoologie an der Universität in Straßburg (belegen konnte er diese später jedoch nicht).
Die Stadt sah das Unterfangen trotz großer Begeisterung für eine solche Attraktion zunächst mit gemischten Gefühlen.
Das Unternehmen sollte vorerst in einem ganz bescheidenen Rahmen begonnen werden. So schloss die Stadt Saarbrücken mit Gustav Moog einen Pachtvertrag über das Gelände zwischen dem Deutschmühlen- und dem Drahtzugweiher.
Dieser erste Vertrag hatte gerade mal eine Laufzeit von einem halben Jahr, vom 1. März 1932 bis zum 30. September 1932!
In dieser Zeit sollte der Zoodirektor zunächst mit einer sogenannten „Probe Tier Schau“ für sein Ansinnen werben. Zwar erhob die Stadt für die Überlassung des Geländes keine Pacht, sämtliche Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Bewirtung mussten jedoch in einen Fond fließen, zum Ausbau des Geländes, zur Deckung der Kosten für die Beschaffung der Tiere, das Futter und die Arbeitslöhne.
Gustav Moog erhielt daraus zum Bestreiten seiner Lebenshaltungskosten monatlich höchstens eine Summe von 600 Franken, in der Regel waren es wohl nur 500. Hierzu gibt es unterschiedliche Angaben. In seinem Geschäftsplan kalkulierte Moog mit 100.000 Besuchern im Jahr und täglichen Einnahmen von 340 Franken, an Ausgaben für Futter und Personal 200 Franken.
Die Kontrolle über die Finanzen übernahmen zwar Mitarbeiter des städtischen Rechnungsprüfungsamtes, der Zoo hingegen war ein privates Unternehmen, kein städtisches.
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Zahlreiche Sponsoren zur Unterstützung
Auch konnten etliche Sponsoren als Geburtshelfer gewonnen werden: Das städtische Gartenbauamt entwarf den Gesamtgestaltungsplan. Die Burbacher Hütte lieferte das Material für die Befestigung der Wege, die Stadtförsterei das benötigte Holz und private Handwerker halfen beim Bau der Gehege. Gustav Moog selbst hatte gute Kontakte zu anderen Zoos, so bekam er einige Tiere geschenkt, andere geliehen.
Am Tag der Eröffnung konnten die Besucher Tiere bestaunen wie Dromedare, Yaks, Zebus, Lamas, Zwergesel, Dahomey- und Heidschnucken Schafe, tibetanische Langohrziegen, afrikanische Zwergziegen, Rotkopf-Mangaben Affen und Javaner Affen, Waschbären sowie verschiedene Vögel und Ziergeflügel.
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Eröffnung und vielfältiges Sonderprogramm im Zoo
Die Saarbrücker Tageszeitungen berichteten am 23. und 24. März ausführlich über die Eröffnung des Zoos und das erste „Erlebnis“, das die neuen Bewohner den schaulustigen Besuchern im Deutschmühlental bereits vorab boten: Der kleine Schweinshirsch war beim Ausladen gleich ausgebüchst und konnte erst nach längerer Jagd wieder eingefangen werden.
Bereits wenige Tage später, am 31. März, konnte der Zoo ein freudiges Ereignis anzeigen: das Heidschnuckenpaar hatte Zuwachs bekommen: „Ein munteres, pechschwarzes Lämmchen freut sich seines Lebens und genießt die herrliche Freiheit in munteren Sprüngen.“
Am 21.Juli 1933 verkündete die Saarbrücker Zeitung dann voller Stolz, dass eins der größten Vertreter seiner Art, ein Riesenkänguru eingetroffen sei, und „zwei allerliebste kaum 30 Zentimeter hohe Zwergziegen“, an denen vor allem die Kinder Gefallen fanden, sowie einige der äußerst farbenprächtigen Farbglanzstare.
Die Flamingos und Kraniche, die einige Zeit zuvor in Saarbrücken ein neues zuhause fanden, hatten sich gut eingelebt.
Aber die großen Attraktionen waren die alljährlich veranstalteten Sonderschauen wie Clown-Dompteurnummern oder ägyptische Gaukler. Besonders die Löwendressurnummer Hans Langes mit seinen vier Löwen Simba, Romeo, Cäsar und Michel, im August 1933, lockte Scharen von Besuchern an.
Die Saarbrücker Zeitung widmete diesem Ereignis unter dem Titel „Spiel mit Katzen“ am 2.September 1933 einen ausführlichen Beitrag.
Der Zoo selbst besaß später eigene Löwen von denen vor allem die Löwin, „es Kattche“ sich die Herzen der Saarbrücker erobern sollte. Sie war übrigens ein Geschenk Herrmann Görings.
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Tierbestand erweitert sich Jahr für Jahr
Der Zoo wuchs und gedieh: 1934 entstanden ein Küstenpanorama für Pinguine und eine Felsenanlage für Eis- und Braunbären, 1936 ein großes Affenhaus, 1937 ein zentral beheiztes Großraubtierhaus und 1938 ein Sonderschauhaus, das später dem Elefanten „Jumbo, den Moog im Jahr 1939 erwarb, als Wohnung diente.
In den Wintermonaten stellte Gustav Moog in der Innenstadt Holzhütten auf, eingerichtet als Weihnachtskrippen mit lebenden Tieren, um auch in der kalten Jahreszeit Einnahmen zu erzielen.
Der Tierbestand vermehrte sich weiter und die Besucherzahlen waren – vor allem durch die zahlreichen Sonderschauen – rentabel und so zeigte die Stadt Saarbrücken Interesse, den Zoo als Attraktion zu halten. Der Vertrag mit Gustav Moog wurde also verlängert.
Doch bereits wenige Jahre nach seiner Gründung, 1935, dem Jahr des Anschlusses des Saargebietes an Hitlerdeutschland, wurde das Deutschmühlental zum Grenzgebiet und Teil der Bunkerlinien und Befestigungen des Westwalls. Im September 1939 wurde die Bevölkerung Saarbrückens evakuiert und mit ihr auch der Zoo.Da die großen Tiere nicht so schnell „verpackt“ und fortgeschafft werden konnten, wurden sie von der Wehrmacht erschossen.
Nur mit den kleineren und „leicht transportablen“ Tieren traf Moog am 4. September in Berlin ein. Im dortigen Zoo blieben er und seine Tiere bis 1943, wo er bis zu den alliierten Luftangriffen im November 1943 im Aquarium arbeitete. Seit Dezember 1943 fand Moog eine Anstellung im Mühlhausener Zoo im Elsass.
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Ein Elefant tut Dienst fürs Vaterland
Jumbo, der stolze Elefant, den Moog erst wenige Monate vor der Evakuierung erworben hatte, soll eifrig bei Räumungsarbeiten zum Bau des Westwalls mitgeholfen haben, wie Moog in seinen Erinnerungen schreibt. Jumbo wurde sprichwörtlich zum Militärdienst eingezogen und hatte die bei der Rodung des Geländes gefällten Bäume zu beseitigen.
Ihn ließ Moog, da ihm sein Wohlergehen ganz besonders am Herzen lag, bereits am 28. August 1939, drei Tage vor der offiziellen Evakuierung, in den Zoologischen Garten nach Dresden bringen. Doch sollte diesen hier ein trauriges Schicksal ereilen.
Moog schreibt: „Leider musste er dort in den ersten Kriegstagen, da sein Wärter eingezogen wurde und er sich seiner Bösartigkeit wegen keinem anderen Wärter anschloss, getötet werden.
Das Speiserestaurant „Bärenschenke“ in Dresden erwarb ihn und setzte vier Wochen lang Elefantenfleisch in jeglicher Form, ohne Fleischmarken, auf seine Speisekarte“.
Der erste Saarbrücker Zoo im Deutschmühlental wurde bereits im Vorfeld der Kriegsauseinandersetzungen 1939/40 fast vollkommen zerstört.