Von Verführung, Liebe, Macht und guten Speisen
Einst zählte die heutige Wilhelm-Heinrich-Straße zu einer der vornehmsten Adressen der Stadt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts residierten hier Hofbeamte wie Baumeister Friedrich Joachim Stengel und begüterte Mitglieder der feinen Saarbrücker Gesellschaft in ihren repräsentativen barocken Stadtvillen. Und selbst zwei der Mätressen der beiden Fürsten Wilhelm Heinrich und Ludwig von Nassau-Saarbrücken erhielten von ihren Gönnern hier ein adäquates Domizil geschenkt.
Ein Palais für eine der Mätressen Fürst Wilhelm Heinrichs
So ließ es sich Fürst Wilhelm Heinrich beispielsweise nicht nehmen, mit dem bis heute erhaltenen Haus Wilhelm-Heinrich-Straße 17, seiner Geliebten Anna Margarethe Perl, der im Volksmund sogenannten „Schönen Perlerin“, im Jahr 1751 eine standesgemäße Unterkunft zu errichten und ihr selbige zu übereignen. Dabei hatte Margarethe nicht einmal den Status einer „offiziellen“ Mätresse inne. Da gab es nämlich feine, aber entscheidende Unterschiede.
Ein Palais für die Mätresse Fürst Ludwigs
Und auch das heute nicht mehr erhaltene Palais Wilhelm-Heinrich-Straße 6, schräg gegenüber, nannte eine Mätresse ihr Eigen, die Mätresse des Fürsten Ludwig, Katharina Kest. Ihr märchenhafter Aufstieg vom „Gänsegretel von Fechingen“ über den Status der „maîtresse en titre“ bis zur „Gattin zur Rechten“, sprich der rechtmäßigen Ehefrau des Fürsten, wäre eine eigene Geschichte wert.
Das Mätressenwesen
Das Mätressenwesen war in jenen Jahren des 18. Jahrhunderts fest etabliert und selten anstößig. Es war ursprünglich in der genusssüchtigen Umgebung des päpstlichen Hofes Ende des 15. Jahrhunderts entstanden und erreichte am französischen Hof des 17. Jahrhunderts seinen Höhepunkt. Die Regenten der deutschen Fürstentümer folgten dem französischen Vorbild nicht allein in der Nachahmung der Architektur von Versailles.
Auch das moralische Vorbild, mit der offiziellen Eheschließung, seine dynastische Pflicht erfüllt und mit der Kurtisane das Recht zu haben, an sich selbst zu denken, übernahm der Adel selbst im kleinsten deutsche Fürstentum nur zu gerne. Und Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken war allgemein bekannt für seine überaus zahlreichen amourösen Affären und unehelichen Sprösslinge.
Aufstiegschance für Frauen niederen Standes
Favoritin eines Fürsten zu sein, war für Frauen niederen Standes eine der wenigen Möglichkeiten, zu Anerkennung, Reichtum und Einfluss zu gelangen. Grundvoraussetzung war eine gute Bildung, denn eine Mätresse hatte neben der Funktion der Geliebten auch intellektuelle Partnerin zu sein, Beraterin und perfekte Gastgeberin.
Am Hofe hatte sie eine durchaus anerkannte Stellung inne. Mätresse zu sein, konnte eine anstrengende und aufreibende Tätigkeit sein. Glanz und Macht wurden dabei immer überschattet von der Verletzlichkeit und der Kurzlebigkeit dieser Stellung, die allein von der Gunst des jeweiligen mächtigen Herren abhängig war. Jederzeit konnte die Frau fallen gelassen werden, durchaus ohne Abfindung.
Schicksalhaft
Die offizielle Mätresse Wilhelm Heinrichs, Madame Louise von Freital, bürgerlich geboren als Catharina Magdalene Unverzagt, der er am Ludwigsplatz das „erste Haus am Platze“ hatte errichten lassen, das bis heute ihren Namen trägt, ereilte nach dem plötzlichen Tod ihres Gönners im Jahr 1768 das Schicksal einer „persona non grata“. Auf Geheiß der rechtmäßig angetrauten Ehefrau ihres Gönners, Sophie Charlotte Erdmuthe, musste sie nicht nur das Palais, sondern auch die Stadt verlassen. Anzumerken bleibt jedoch, dass der Fürst sie finanziell zuvor durchaus gut versorgt hatte.
Katharina Kests (1757-1829) Vorgängerin in der Gunst Fürst Ludwigs, Frederike Amalie Dern, 1770 zur Freifrau von Dorsberg geadelt, wurde von diesem für ihre Dienste mit 90.000 Gulden „fürstlich“ entlohnt und durfte den Hofmarschall Karl Heinrich Franz von Maltitz ehelichen, dem sie schon länger eng verbunden war, wie hinter vorgehaltener Hand getuschelt wurde. Familie Maltitz logierte ebenfalls in der Wilhelm-Heinrich-Straße (Nr. 1, der Nummer 219 auf dem Knoerzerschen Stadtplan).
So bot das Leben in der Wilhelm-Heinrich-Straße immer reichlich Stoff für Klatsch und Tratsch — unter den Bürgern der Stadt wie bei der Dienerschaft am fürstlichen Hofe.
Wilhelm-Heinrich-Straße 17 – Das Palais der „Schönen Perlerin“
Das einstige recht stattliche Wohnhaus der „Schönen Perlerin“ mit der Anschrift Wilhelm-Heinrich-Straße 17 ist den meisten Saarbrückern und Gästen der Stadt, die gutes Essen lieben, als Gaststätte der gehobenen Kategorie ein Begriff. Über Jahrzehnte hinweg — und nach einer kurzen Unterbrechung heute wieder — firmierte dieses Restaurant unter dem Namen „Handelshof“.
Das Gebäude, 1751 errichtet, schenkte Fürst Wilhelm Heinrich im gleichen Jahr seiner Geliebten Anna Margarethe Perl (gestorben am 24. April 1772 in Saarbrücken) für „ihre geleisteten treuen Dienste“, samt Grund und Boden und allem Inventar.
Das Haus war reich ausgestattet, sogar verschwenderisch mit kostbaren Wandverkleidungen und Glasgemälden versehen, wie Heimatforscher und Stengel-Biograf Karl Lohmeyer in seinem 1911 erschienen Buch über Stengel zu berichten wusste. Die gesamte Innenausstattung wurde jedoch nach und nach von den späteren Besitzern veräußert, da sie nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprach.
Von einem Rittmeister und Ehemann namens La Capelle
Laut Eintrag im Tractus (Stadtplan) von Knoerzer, erstellt ab dem Jahr 1780, gehörten Haus und Grundstück, geführt unter der Nummer 251, in jenen Jahren dem Rittmeister der Nassau-Saarbrückischen Kavallerie Jean Nicolas Otto de La Capelle.
Mit ihm war Anna Margrethe Perl seit dem 8. Dezember 1756 offiziell verheiratet, wie es im Katholischen Kirchenbuch St. Johann auf Seite 344 unter der Nummer 271 vermerkt ist. Anna Margarethe La Capelle, weiterhin Perlerin genannt, war 1772 gestorben und ihr Ehemann hatte das Haus geerbt, sofern es nicht bereits mit der Eheschließung auf ihn übertragen wurde, wie es seinerzeit durchaus üblich war.
Von ehelichen und unehelichen Sprösslingen
Ob das Verhältnis Margarethes zu dem Fürsten mit der Eheschließung tatsächlich beendet war, wissen wir nicht. Verheiratet zu sein, war bekanntlich kein Grund, nicht die Geliebte eines Herrschers zu sein, siehe Jeanne-Antoinette Poisson, besser bekannt als Madame Pompadour und langjährige äußerst einflussreiche Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. Die Vorteile einer solchen Liaison wussten manche Frauen und deren Familien durchaus zu nutzen.
Allerdings war es ebenso üblich, dass die Herrschaft, sofern eine Liaison beendet war und zudem uneheliche Kinder vorhanden waren, einen „standesgemäßen“ Ehepartner für die abgelegte Geliebte suchte, gerne einen Herrn aus einem der eigenen Regimenter, der sich durch die Heirat die ein oder andere Vergünstigung erhoffte. Rittmeister La Capelle stammte aus Straßburg und gehörte dem dortigen Kavallerie-Regiment des Fürsten an.
Von zwei ehelich geborenen Kindern
Wie oft die „Schöne Perlerin“ in ihrem Haus den Fürsten empfing, wissen wir leider nicht zu berichten. Schließlich war sie nicht seine einzige Geliebte. Ob die beiden während der Ehe geborenen Kinder Peter Otto (geboren am 27.7.1757, gestorben am 19.7.1758) oder Lucia Karoline (geboren am 25.10.1767, gestorben am 11.12.1767) tatsächlich die Kinder des Rittmeisters, wie es im katholischen Kirchenbuch heißt, oder doch die des Fürsten waren, bleibt ein wohl gehütetes Geheimnis. Beide Kinder starben sehr früh.
Von einem unehelichen Sohn des Fürsten
Margarethe und der Fürst hatten jedoch auch einen gemeinsamen Sohn, Philipp, geboren am 12. Dezember 1753 (KB 9, S.169, Nr. 152). Der Junge soll, auf Veranlassung des Herrn Rittmeisters, im Jahr 1777 als ehelich anerkannt worden sein. Jedoch nicht von seinem Stiefvater La Capelle selbst, denn Philipp führte nach der Adoption den Familiennamen Deverd. Philipp Deverd starb übrigens im Alter von 73 Jahren am 28. April 1826 in St. Johann (ZR 1826/71 SB). Mehr ist über sein Leben bisher nicht bekannt.
Vom Tod Margarethes und ihres Gemahls
Margarethe starb am 24. April 1772 in Saarbrücken, wie es der katholische Pfarrer von St. Johann in seinem Kirchenbuch festhielt (KB 10, S.519, Nr. 660). Jean Nicolas Otto La Capelle sollte seine Frau 34 Jahre überleben. Er starb im betagten Alter von 84 Jahren am 27. November 1806 in Saarbrücken (ZR 1806/212 SB; geboren wurde er am 28. Dezember 1722 in Saverne).
Von weiteren betuchten Eigentümern des Hauses
Bei der Erstellung des renovierten Tractus, eines aktualisierten Stadtplanes, im Jahr 1820 gehörte das ursprünglich Perlersche Haus dann der Kaufmanns- und Bankiersfamilie Korn. Der Stadtplan führt es jetzt unter der Nummer 289 und nennt als Eigentümer Heinrich Korn. Ihm und seiner vermögenden Verwandtschaft gehörten mehrere große Anwesen in der Stadt, unter anderem ein Teil des einstigen Saarbrücker Residenzschlosses, das nach der Enteignung im Zuge der Französischen Revolution im Jahr 1809 versteigert worden war.
Wie die anderen Häuser der Straße erfuhr auch dieses im Lauf der Jahrzehnte mehrere Umnutzungen und bauliche Veränderungen, wechselte mehrmals den Besitzer, wobei die Besitzverhältnisse nicht immer ganz eindeutig zu klären sind. Von der Hand der Familie Korn ging es Anfang der 1890er Jahre in den Besitz der Stadt Saarbrücken über, vermutlich im Zuge der Planungen zur Gestaltung des Neumarktes.
Von gutem Essen und Erste Hilfe
1895 gehörte es laut Adressbuch dem Kaufmann Carl Tiator, 1897 dem Wirt Karl Kiefer, anschließend dem Wirt Carl Nieser. Dieser führte hier das Restaurant „Zum Salamander“. Seit 1901 steht die Löwenburg Brauerei aus Zweibrücken als Eigentümerin im Adressbuch. In den 1920er Jahren war vorrübergehend die Röchling Bank Eigentümerin des Gebäudes.
Im Jahr 1934 verkauften die Eheleute Caroline und Jakob Cürette Grund und Boden an die Neufang-Jaenisch-Brauerei. Diese besaß das Anwesen auch noch nach dem Krieg und sie nahm im Erdgeschoss den Umbau zur Gaststätte „Handelshof“ vor.
Von einem Haus, das den Krieg fast unbeschadet überstand
Das Haus wurde im Gegensatz zu den Nachbargebäuden durch die Bombardements kaum beschädigt und bereits 1946 hatte die Brauerei ihre Neu- und Umbaupläne eingereicht. Ein Foto, aufgenommen 1957, zeigt es bereits in vollem Glanz, während das Nachbarhaus Nummer 15 wie die meisten anderen Häuser der Wilhelm-Heinrich-Straße noch den Zustand gesicherter Ruinen aufweisen. Ein Ersuchen aus dem Jahr 1952, das Gebäude aufzustocken, wurde von dem Leiter des Wiederaufbauamtes Karl Cartal mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei dem Gebäude um ein historisches Denkmal der Stadt handele.
Wilhelm-Heinrich-Straße 6 – Das Palais der Reichsgräfin von Ottweiler
Ob es den heutigen Bewohnern des Hauses Wilhelm-Heinrich-Straße 6 bewusst ist, an welch historisch interessantem Ort sie wohnen? Selbst wenn es sich auch nicht mehr um das selbe Gemäuer handelt? Der mehrfach erwähnte ab 1780 von Knoerzer erstellte Stadtplan weist das Haus Nummer 221, das der heutigen Hausnummer 6 entspricht, nämlich als Eigentum der „Frau Reichsgräfin von Ottweiler und deren gräflicher Kinder“ aus.
Jene genannte Reichsgräfin von Ottweiler war keine Geringere als die oben erwähnte Katharina Kest, Mätresse des Fürsten Ludwig von Nassau-Saarbrücken. Katharina Kest, geboren am 1. März 1757 in Fechingen als Tochter eines nicht unvermögenden Bauern, musste nach dem Tod des Vaters infolge von Erbauseinandersetzungen mit ihren Stiefbrüdern im Alter von 13 Jahren zusammen mit ihrer Mutter Fechingen verlassen.
Vom Kindermädchen zur Geliebten
Während die Mutter im Haus der Familie Korn eine Anstellung fand, erhielt Katharina zunächst, wie geschildert, eine Anstellung im Haus der damaligen Favoritin des Fürsten, Frau von Dorsberg, als Kindermädchen für deren gemeinsame einjährige Tochter Frederika Luise (geboren am 18.2.1771).
Katharina gefiel dem Fürsten sofort und er ermöglichte ihr eine Ausbildung in Metz und Nancy, in den besten „Pensionsanstalten“ der Zeit, wie man seinerzeit die Ausbildungsstätten für junge Frauen nannte. Hier erfuhr sie die Bildung und lernte die Etikette, die sie zum Bestehen am Hofe benötigte. Denn eine „Ungebildete“ hätte der Fürst nie an seiner Seite geduldet. Katharina war eine gute Schülerin, selbstbewusst, galant, beherrschte Französisch in Wort und Schrift und entwickelte sich zu einer eindrucksvollen Persönlichkeit.
Von der Geliebten zur Fürstin
Nach Katharinas Rückkehr an Ostern 1774 trennte der Fürst sich von Frau von Dorsberg und Katharina wurde die neue, offizielle Mätresse. Diese Verbindung war hingegen mehr als nur eine kurze Liaison. Die Liebe zwischen beiden war so groß, dass der Fürst sie nicht nur in den Adelsstand erhob, sie zur Freifrau vom Ludwigsberg ernannte und 1784 zur Reichsgräfin von Ottweiler und schließlich auch noch für sehr viel Geld beim Kaiser in Wien den erblichen Titel „Herzog und Herzogin von Dillingen“ erwarb. Nein, nach dem Tod seiner standesgemäßen Gattin Wilhelmine im Jahr 1780, die sich auf Schloss Montplaisir auf den Halberg zurückgezogen hatte, und einer „angemessenen Wartezeit“, heiratete er Katharina am 28. Februar 1787 offiziell und machte sie damit, zumindest in seinen Augen, zu seiner legitimen Ehefrau. Ein recht einmaliges Ereignis im Verlauf der Geschichte des Mätressenwesens und sehr umstritten!
Von großen Geldsorgen
Nicht nur dem Klerus, auch der adligen Verwandtschaft Ludwigs, den Familien von Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg gefiel das nämlich gar nicht. Sie erkannten weder die Ehe an noch die sieben gemeinsamen Kinder der beiden als erbberechtigt. Auch nicht den nach der Eheschließung geborenen jüngsten Sohn Adolf.
Und Katharina sollte nach der Auflösung des Fürstentums in Folge der Französischen Revolution unter der Missbilligung ihrer Person und den finanziellen Folgen dieser Ablehnung sehr leiden. Die „adlige Verwandtschaft“ verweigerte ihr nämlich eine angemessene Apanage, sprich einen in ihren Augen standesgemäßen Lebensunterhalt.
Von einem schmerzlichen Ende
Katharina starb recht einsam, verhärmt und wunderlich, wie berichtet wird, am 11. Dezember 1829 in ihrem Mannheimer Exil. Sie hatte zwar einerseits geschafft, Standesgrenzen zu überwinden, andererseits ist sie dennoch am gesellschaftlichen Festhalten an diesen gescheitert.
Es sollten noch gut 200 Jahre vergehen, ehe adlige Kreise Bürgerliche als Ehepartner anerkannten. „So ist diese glänzende Seifenblase so wohlgesichert scheinender irdischer Größe und Reichtums binnen wenigen Jahrzehnten spurlos verschwunden“, so schreibt ihre Tochter Luise in ihren Memoiren über die Mutter.
Von Katharinas Palais
Wie und wann Katharina Kest in ihrem Anwesen, das der Fürst ihr geschenkt hatte, in der damaligen Wilhelmstraße weilte, ist leider nicht überliefert. Holte sie ihre Mutter zu sich ins Haus, wie später berichtet wurde? Verbrachte sie hier tatsächlich die meiste Zeit mit ihren sechs unehelich geborenen Kindern? Empfing sie hier den Fürsten? Insgesamt sieben Kinder brachte Katharina zur Welt, von denen vier bereits im Kindesalter starben.
Offiziell lebte Katharina, auch als sie noch nicht verheiratet waren, mit dem Fürsten und den Kindern im Schloss oder weilte in einem der kleineren umliegenden Jagd- und Lustschlösser, in Ottweiler oder in Neunkirchen.
Von einer reichen Ausstattung des Palais
Ihr Palais soll künstlerisch reich ausgestaltet gewesen sein und mit wertvollen Möbeln bestückt. Wie der Heimatforscher Karl Lohmeyer berichtete, befand sich in dem Haus zudem ein mit schönen Holzvertäfelungen ausgestaltetes kleines Kabinett, das sogenannte „Prinzenzimmer“. Dieses hat sich durch einen Glücksfall bis heute erhalten und ist seit 2013 in der Alten Sammlung des Saarlandmuseums im Kreisständehaus am Schlossplatz zu bewundern.
Die mittlerweile unmodern gewordenen Rokoko-Wandvertäfelungen wurden 1908 vermutlich von dem damaligen Eigentümer des Hauses verkauft und gelangten in das Kaiser-Wilhelm- Museum in Krefeld. Dort entfernte man die mittlerweile braun überstrichene Farbe und zum Vorschein kam ein leuchtend „Grünes Kabinett“, reich ausgeschmückt mit vergoldeten Applikationen, die unter anderem von dem wirtschaftlichen Erfolg des Fürsten zeugen. Seit 1912 war das Kabinett im Krefelder Museum ausgestellt, eh es rund 100 Jahre später nach Saarbrücken zurückkehrte.
Vom Verkauf des Palais
Entstanden sein dürften die Vertäfelungen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, vermutlich vor der offiziellen Eheschließung Katharinas mit dem Fürsten im Jahr 1787.
Denn im Jahr 1788 verkaufte Katharina — so der Eintrag im Knoerzerschen Stadtplan (Tractus) — das Haus an Sophia Dorothea Schmidtborn. Sie war die jüngste, 1771 geborene Tochter des wohlhabenden Kommerzienrates Heinrich Jakob Schmidtborn und dessen Frau Dorothea Magdalena Korn. Vermutlich hatte ihr Onkel als Vormund, da der Vater 1784 gestorben war, das Haus für seine gerade einmal siebzehnjährige Nichte von deren väterlichem Erbe erworben. (Die Verbindung zu der Familie Korn war durch die Anstellung der Mutter in deren Haus vermutlich recht eng.)
Sophia heiratete 1799 den ebenfalls aus einer vermögenden Kaufmannsfamilie stammenden Heinrich Jakob Mühlhaus. Sie starb im Jahr 1808. Und so weist der renovierte Tractus des Jahres 1820 wiederum einen Heinrich Schmidtborn als Eigentümer des Besitzes auf (jetzt Nummer 264), ihren Bruder.
Vom Erwerb des Palais durch einen erfolgreichen Fahrradhändler
Von den 1870er Jahren an war das Gebäude dann im Besitz der Familie von Wilhelm Hartung, eh es 1904 der Kaufmann Carl Büch erwarb, der nach eigenem Bekunden der erste Fahrradhändler des Saargebietes war. Bei dem Verkauf dieses boomenden Fortbewegungsmittels war er zudem sehr erfolgreich.
Er ließ das einstige Palais mehrfach als Wohn- und Geschäftshaus für seinen florierenden Fahrradhandel umbauen. 1925 zog Büch selbst nach Gersweiler, wo er sich ein repräsentatives Anwesen, die „Villa Elfriede“ am Hasenbühl, hatte bauen lassen.
Vom Ende eines einst schillernden Palais
Durch die Bombardements des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude zerstört. In den in den vorgeschriebenen barockisierenden Formen erfolgte der Wiederaufbau.
So versuchten die Saarbrücker Bauverantwortlichen der Wilhelm-Heinrich-Straße Straße ein wenig ihres alten historischen Glanzes zu erhalten.